Historischer Triumph: Hansa siegt in doppelter Unterzahl mit 4:2

Der TSV Dannenberg führte bereits mit 2:1 und hatte plötzlich zwei Spieler mehr auf dem Feld. Was dann passierte, konnte eigentlich keiner glauben: Die Schwaneweder starteten eine völlig irre Aufholjagd.

Es war ein Fußballspiel für die Geschichtsbücher. 120 dramatische Minuten, sechs zum Teil kuriose Tore, drei Platzverweise, und am Ende ein 4:2-Sieg einer Mannschaft, die die 30-minütige Verlängerung in doppelter Unterzahl bestreiten muss und das Spiel trotzdem noch dreht. Die Halbfinale-Partie in der Bezirksliga-Relegation zwischen dem FC Hansa Schwanewede und dem TSV Dannenberg hatte ohne Übertreibung historischen Charakter – und Hansa-Coach Marc Coldewey hatte diesen Verlauf geradezu heraufbeschworen.

„Ich habe den Jungs vor der Partie gesagt, dass ich ihnen ein Spiel wünsche, von dem sie in 20 Jahren mal sagen können: Wisst ihr noch, damals, als wir in der Relegation Dannenberg besiegt haben…?“ Ein solches Spektakel hatte aber auch Coldewey nicht für möglich gehalten. Und der Schwaneweder Coach gab offen zu, dass auch er zwischenzeitlich nicht mehr an das Happy End für seinen FC Hansa geglaubt hatte – denn lange Zeit lief sehr viel gegen den Kreisliga-Vizemeister. Aber der Reihe nach.

In einer spielerisch dürftigen Anfangsphase scheuten beide Teams zunächst das Risiko. Die Schwaneweder hatten in Person des pfeilschnellen Joel Kreker die ersten beiden guten Abschlüsse. Nach 22 Minuten forderten die Hansa-Spieler vehement einen Strafstoß, doch der ideal stehende Schiedsrichter Tobias Frohböse (Cadenberge) winkte nach dem Zweikampf zwischen Dannenbergs Arne Blome und Chris Ziegenbein sofort ab. Erst in der 31. Minute hatte der Bezirksligist seinen ersten richtigen Torabschluss, insofern kam die Führung durch Sinan Schausberger vier Minuten später schon etwas überraschend – war aber dennoch schön herausgespielt.

Kevin Wagner chippte den Ball zum starken Maris Meyerdierks, der direkt per Kopf querlegte zu Schausberger – und der nahm den zu zögerlich aus dem Kasten gelaufenen Hansa-Keeper Yannik Sachau clever aus dem Spiel und netzte ins leere Tor ein. Doch in der zweiten Minuten der Nachspielzeit schlugen die Schwaneweder noch einmal zurück. Joel Kreker schoss aus 18 Metern und Leon Wahren fälschte das Leder unglücklich ab, sodass der Ball ins Tor trudelte. Auch wenn der Schiedsrichter danach gar nicht wieder anpfiff, sondern die Teams direkt in die Kabinen schickte, schien dieser Ausgleichstreffer das Spektakel erst so richtig eröffnet zu haben.

SCHAUSBERGER VERGIBT DAS 3:1

Fünf Minuten nach Wiederanpfiff brachte Keeper Yannick Sachau Dannenbergs Maris Meyerdierks zu Fall. Frohböse stand erneut ideal und zeigte sofort auf den Punkt. Patrick Schriefer verwandelte sicher zur erneuten Dannenberger Führung (50.). Vermutlich wäre die Partie endgültig entschieden gewesen, wenn Schausberger nach toller Vorarbeit von Wagner völlig freistehend vor dem Tor etwas genauer gezielt und zum 3:1 getroffen hätte. Auch Tobias Klisch kam freistehend zum Kopfball, setzte das Leder aber ebenfalls vorbei. Und Kevin Wagner hätte seine gute Leistung ebenfalls krönen können, verzog aber auch (70.). Die Dannenberger ließen die Schwaneweder also am leben – und das sollte sich aus Sicht der Grün-Weißen bitter rächen. Doch zunächst schwächte sich der Kreisligist selbst.

Eine Grätsche von Felix Hoppe gegen den durchgebrochenen Meyerdierks wertete der Schiedsrichter als Notbremse und zeigte dem Schwaneweder Rot. Das wiederum brachte Phillip-Malte Barnat derart aus der Fassung, dass der FC-Kapitän sich gleich zwei Gelbe Karten wegen Meckerns in nur 60 Sekunden abholte und ebenfalls den Platz verlassen musste. Acht Minuten waren da noch regulär zu spielen – und spätestens jetzt war wirklich jeder auf der Anlage sicher: Diese Führung in doppelter Überzahl lassen sich die Dannenberger nicht mehr nehmen. Doch es kam anders.

„Dass wir da noch einmal zurückgekommen sind, ist einfach unfassbar“, sagte auch Marc Coldewey hinterher. Einen Freistoß fast von der Außenlinie zog der laufstarke und extrem einsatzfreudige Sinan Alija Richtung zweiten Pfosten, Keeper Phil Hahnenfeld ging viel zu zögerlich zum Ball, sodass dieser in der langen Ecke einschlug. Nach vier Minuten Nachspielzeit pfiff Frohböse ab. Vor Beginn der Verlängerung dachte immer noch jeder: Das können neun Schwaneweder eigentlich nicht durchhalten gegen elf Dannenberger. Doch wieder kam es anders.

JETZT WARTET ROTENBURGS RESERVE

Denn mit dem 3:2 in der 95. Minute stellte Sandro Iacovozzi das Spiel endgültig auf den Kopf. Einen exzellent getretenen Freistoß von Alija hatte Hahnenfeld diesmal stark ans Lattenkreuz gelenkt, Iacovozzi stand genau richtig und drückte den Abpraller mit dem Kopf über die Linie. Joel Kreker verpasste in der 105. Minute dann noch das 4:2, doch das lieferte der Spieler des Tages kurz darauf nach. Sinan Alija schnappte sich nach einem Stockfehler der Dannenberger Defensive das Leder und vollstreckte aus 14 Metern eiskalt ins lange Eck. Jetzt explodierten die Emotionen bei den Schwanewedern endgültig.

Das Team von Klaus Otten hingegen schien sich endgültig aufgegeben zu haben und hatte sogar Glück, dass Kreker eine weitere Topchance nicht zum 5:2 nutzte. Negativer Höhepunkt aufseiten des am Ende komplett enttäuschenden Bezirksligisten war die Rote Karte gegen Sebastian Schriefer, der sich zu einer Tätlichkeit hinreißen ließ. „Wir müssen das 3:1 machen, dann ist das Ding gelaufen. Aber auch so darf uns das natürlich in dieser Form nicht passieren“, urteilte ein schwer enttäuschter TSV-Coach Klaus Otten und fügte abschließend hinzu: „Wer in doppelter Überzahl ein 2:1 aus der Hand gibt, hat es am Ende definitiv nicht verdient.“

Auf der anderen Seite konnten die Schwaneweder ihr Glück kaum fassen, allen voran FC-Trainer Marc Coldewey. „Ich bin so unfassbar stolz auf diese Mannschaft, jetzt wollen wir gegen Rotenburg II den Aufstieg endgültig schaffen.“